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Tatort Schreibtisch: Nacken-Schmerzen

Aktualisiert: 5. Mai 2023

Warum leidet der Nacken so sehr?


Eines musst du dir bewusst machen:

Die Körper-Haltung am Schreibtisch ist Leistungssport für einige unserer Muskeln, besonders im Hals-, Nackenbereich. Die monotone Dauerbelastung ist hier so intensiv, dass selbst die besten Sportler:innen sie nicht ewig aushalten können und wollen. Es braucht nicht mal ein hohes Gewicht, um einen Muskel mit einer permanenten Haltearbeit völlig auszuknocken. Oder schaffst du es, ein gefülltes Wasserglas 5 Minuten mit gestrecktem Arm nach vorn zu halten? Spätestens nach 3 Minuten werden die Muskeln richtig anfangen zu brennen. Für die Nackenmuskulatur (M. Trapezius) ist diese Belastungsform leider Alltag beim Arbeiten vor dem Bildschirm. Dieses Brennen und die Über-Spannung lösen direkt Schmerzen aus.


Doppelaufgabe und schlechte Haltung multiplizieren die Effekte


Ein weiterer Grund, warum ausgerechnet der Trapezmuskel (Nacken) so häufig von Verspannungen und Schmerzen geplagt ist, liegt in seiner Doppel-Halte-Aufgabe begründet. Denn dieser Muskel muss nicht nur den Kopf in seiner Position stabilisieren, sondern zusätzlich auch noch die Schultern tragen.





Wenn du dich selbst kontrollierst, wirst du bemerken, dass die Schultern am Schreibtisch fast immer ein Stück hochgezogen sind, während der Kopf nach vorn geschoben ist (Geierhals + Rundrücken). In dieser „schlechten“ Haltung multiplizieren sich die einwirkenden Kräfte auf die Halswirbelsäule um das 3 bis 4-fache, im Vergleich zur „Normalhaltung“. Dein Kopf wiegt zwar immer noch 5kg, aber die Kräfte, die nun von deinem Hals-Nacken-Bereich getragen werden müssen, entsprechen einer Last von gut 20kg. Das kann niemand ewig aushalten. Bei ungünstigen ergonomischen Bedingungen ist das leider oft Standard.


Zu viel des Guten = Gewebeverhärtung


Diese Belastung ist auf Dauer zu viel des Guten für den gestressten Nacken. Die Muskulatur behilft sich nun mit Spannungsknoten und Gewebeverhärtungen, um den Belastungen überhaupt noch etwas entgegensetzen zu können. Diese Strukturverhärtungen sind „Verbackungen“ (Triggerpunkte) im Muskel-Faszien-Gewebe. Sie sind schmerzhaft und führen wiederum zu einer noch höheren Spannung und so zu noch mehr Schmerzen im Muskel. Der Schmerz-Teufelskreis ist nun voll in Gange. Das Einzige, was jetzt hilft, sind ausgleichende, funktionale Übungen (s.u.). Mit diesen Übungen hast du die perfekte Medizin, um Verspannungen und Schmerzen sofort zu lösen. Um langfristig schmerzfrei und leistungsfähig zu bleiben, solltest du diese (Bewegungs-) Medizin täglich für ein paar Minuten einsetzen und mit einer guten Arbeitsplatzergonomie kombinieren. Das hilft garantiert.


Die „schmerzenden“ Auswirkungen im Überblick


Erhöhte Muskelspannung komprimiert die feinen Blutgefäße im Muskel
  • Dadurch funktioniert sowohl die Nährstoff- und Sauerstoffversorgung als auch der Abtransport von Abbauprodukten des Zellstoffwechsels nicht mehr richtig.

  • Die Folge: Der Muskel brennt und wird „sauer“ = Schmerz.

Muskuläre Dysbalancen überfordern die Gelenke
  • Kurz gesagt: Durch Fehlhaltungen und einseitige Belastungen wird auf einer Seite die Muskulatur verkürzt, während die Gegenseite langezogen wird.

  • Die Folge: Ungünstig manifestierte Gelenkpositionen und Spannungsmuster. In diesem Fall ist speziell die Halswirbelsäule und der Schultergürtelgürtel betroffen. Das schränkt die Funktion der Gelenke ein und führt langfristig zu Schmerzen und Folgebeschwerden (wie Bandscheibenvorfällen, Spannungskopfschmerzen, Schwindel etc.).


Triggerpunkte entstehen
  • Triggerpunkte sind regelrechte kleine Knoten in den Muskelfasern, die sich mit dem umliegenden Fasziengewebe „verbacken“. Nur so kann die ewige Haltearbeit kompensiert werden.

  • Die Folge: Diese Spannungsknoten schmerzen und führen zu einer weiteren Überspannung im gesamten Muskel. Sie strahlen Schmerzen auch in andere Regionen aus. Gerade im Nacken von Schreibtischtäter:innen sind solche Gewebeverhärtungen sehr häufig zu finden.

Faszien verfilzen
  • Das elastische Bindegewebe um die Muskulatur verändert seine feine Gitternetzstruktur. Die Faszien verkleben und verfilzen und werden dadurch fest und unflexibel. Das behindert die Nährstoffversorgung. So kann sich die Muskulatur nicht mehr geschmeidig, schmerzfrei bewegen. Es kommt zu Mikrofissuren.

  • Die Folge: Faszien sind sehr schmerzempfindlich, da sie einen hohen Anteil von Schmerzrezeptoren (Nozizeptoren) besitzen. Rückenschmerzen sind daher oft Faszienschmerzen.


Die Lösung: Sofortübungen in der richtigen Kombination!

Um Verspannungen und Schmerzen erfolgreich zu bekämpfen ist die Kombination der Übungen entscheidend. Sie ergänzen sich gegenseitig in ihrer Wirkung und bringen so den besten Erfolg. Denn anders als oft dargestellt, sind z.B. Dehnübung allein wenig erfolgversprechend, wenn es darum geht, Muskelverhärtungen loszuwerden. Dafür braucht es auch die anderen Methoden.

  1. Trainiere die Funktion

  2. Korrigiere die Haltung

  3. Bearbeite die Triggerpunkte

  4. Reduziere die Spannung

Die Übungen:

1. Trainiere die Funktion

Eine Funktion zu trainieren bedeutet, den Muskel- und Gelenkstrukturen die Bewegungsmuster zu geben, für die sie von Mutter Natur vorgesehen sind. Dauerspannungen und Fehlhaltungen blockieren diese Funktionalität der Gelenke und verhindern die richtige Nährstoffversorgung. Das führt zu Schmerzen (s.o.). Daher sind hier leichte dynamische Mobilisationsübungen in der Full Range of Motion angesagt. Der M. Trapezius kann neben seiner statischen Halte-Funktion vor allem den Kopf drehen und die Schulterblätter bewegen. Also liegt die Lösung im Training dieser beiden Funktion.


Übung 1. a): Kopf-Rotation!

(für die Halswirbelsäule/Bandscheiben u. Trapezmuskel)


Ausgangsposition: Neutralstellung = aufrecht stehen/sitzen. Schultern nach hinten unten schieben, Brustbein anheben, Kinn zurückziehen (zum Kehlkopf). Durchführung: Kopf abwechselnd nach rechts und links drehen. So weit wie möglich. Wichtig: Gehe behutsam vor. Ein leichtes Knirschen in der HWS ist nicht ungewöhnlich. Sie brauchen deshalb keine Angst haben. Tempo: langsam Wdh: 10 /Seite

Übung 1. b) Schulterkreisen + Triggerpunkt drücken!

(für ein bessere Blutzirkulation u. lösen fester Gewebestrukturen im Trapezmuskel)


Ausgangsposition: Neutralstellung = aufrecht stehen/sitzen, Kinn zurück Durchführung: Schultern in großen Bewegungen rückwärts/vorwärts kreisen lassen. Besondere Variante: Einen zusätzlichen Effekt erreichst du, wenn du während des Schulterkreisens gleichzeitig in den verspannten Nacken drückst. Dafür: Mit dem Mittel- und Zeigefinger der rechten Hand greifen Sie in den Nackenmuskel auf der linken Seite. Dort ertastest du den Punkt, der sich besonders fest anfühlt und beim Draufdrücken einen leichten Schmerz auslöst. Diesen Punkt drückst du nun fester. Halte den Druck auf das Gewebe aufrecht, wenn du gleichzeitig die Schulter kreisen lässt. Das verhärtete Gewebe schiebt sich nun 3-dimensional unter den Fingern entlang und wird so „weichgekocht“. Tempo: langsam bis zügig Wiederholungen: 10 Kreise rückwärts / 10 vorwärts


2. Korrigiere die Haltung

Die Körperhaltung passt sich dem Arbeitsplatz an. Für Schreibtischtäter:innen heißt das übertrieben dargestellt: Geierhals, Rundrücken, Schultern vorn. Muskuläre Dysbalancen sind jetzt nicht mehr wegzudiskutieren. Wenn du es schaffst diese schlechte Haltung mit korrigierenden Übungen zu verbessern, werden viele Probleme gleichzeitig gelöst. Vor allem muss die Nackenmuskulatur im Alltag dann deutlich weniger Haltearbeit leisten. Damit sich dein Körper wie von selbst in einer guten Haltung wohlfühlt, ist es am effektivsten ihn zwischen den zwei Extremen des Haltungs-Spektrums hin und her zu bewegen. Also zwischen Geierhals und Rundrücken bis hin zu kerzengerade/überstreckt. Das verbessert nicht nur deine Wahrnehmung für eine gute Haltung, sondern versorgt zugleich auch alle Gelenke und Bandscheiben der Hals- und Brustwirbelsäule.


Übung 2: Die Taube

(Der Kopf bewegt sich wie bei einer Taube vor und zurück, der Oberkörper folgt der Kopfbewegung)


Ausgangsposition: Schlechte Haltung, sitzend = Rundrücken, Geierhals, Hände liegen auf den Knien. Endposition: Überstreckte Haltung = Brustbein angehoben, Kinn zurückgezogen, leichtes Hohlkreuz, Ellbogen weit zurückgezogen, Schulterblätter berühren sich hinten, Hände in der Hüftbeuge. Durchführung: Zwischen diesen beiden Positionen langsam hin und her bewegen. Dafür die Wirbelsäule aufrollen und gleichzeitig die Hände auf den Oberschenkeln zur Hüfte zurückziehen. Die Endposition für zwei Sekunden halten und dann wieder zurück. Wiederholungen: 20


3. Bearbeite die Triggerpunkte

Wenn das Muskel-Faszien-Gewebe so richtig verhärtet und verknubbelt ist, helfen keine Dehnungsübungen mehr, um das Problem zu lösen. Denn beim Dehnen werden nur die elastischen Bereiche im Muskelverlauf langgezogen, nicht aber die festen „Spannungsknoten“. Hier hilft nur noch das direkte Bearbeiten der Triggerpunkte mit Druck von außen. Damit kannst du diese schmerzenden Verhärtungen auflösen und die neuronale Spannung im Muskel herabsetzen.

Die Übung 3: Akupressu-Massage mit Tennisball

Triggerpunkt finden: Platziere einen Tennisball (oder ähnliches) an der Wand und drücke mit dem Nackenmuskel dagegen. Rolle nun mit der Muskulatur behutsam über den Ball bis du an der Stelle angekommen bist, die auf den Druck des Balls mit Schmerzen reagiert. Dieser Schmerz zeigt sich direkt am Triggerpunkt und strahlt in vielen Fällen auch bis zum Kopf und zur Schulter aus.

Kompression + Massage: Das ist eine Methode der Akupressur. Übe mit dem Ball einen gleichmäßigen Druck auf den Triggerpunkt aus. Dieser punktuelle Druck führt zu einer neuronalen Spannungsreduktion des Muskels. In manchen Fällen ist das sogar mit einem Zucken im Muskel (nach ca. 20 Sekunden) zu spüren. Damit auch das Gewebe weich wird, massiere diesen TrP im Nacken für ca. 2 Minuten in kleinen Kreisen über den Ball.


4. Reduriere die Spannung

Dehnübungen setzen die Muskelspannung kurzzeitig herab. Für überlastete Muskeln bringt diese Wirkung sofort den entspannenden Effekt. Zusätzlich verbessern solche Dehnungsübungen aber auch das Bewegungsausmaß und helfen so die muskulären Dysbalancen auszugleichen. Langfristig ist es daher sogar wichtiger den Gegenspieler zu dehnen als den gestressten Muskel selbst. Damit behandelst du die Ursache und nicht nur das Symptom.

Die endgradigen Dehnungspositionen werden langsam eingenommen und dann für 20 Sekunden gehalten. Die richtige Dosierung der Übung zeigt dir ein moderater Dehnschmerz in der lang gezogenen Muskulatur.


Die Übung 4: Nacken Dehnen

Ausgangsposition: aufrecht stehen/sitzen, Kinn zurückziehen, rechte Hand und die rechte Schulter weit nach unten schieben. Durchführung: Lege den Kopf nach links, sodass sich rechte Schulter und rechtes Ohr weit voneinander entfernt sind. Du kannst die Dehnung durch leichtes ziehen am Kopf unterstützen. Wiederholung: 1 x 20 Sek. halten /Seite Wichtig: Denke im Alltag immer wieder an den Leitspruch „Schultern und Ohren mögen sich nicht“. Denn wenn die Schultern nicht immer zu den Ohren hochgezogen sind, ist der Nacken entspannter (besonders im Winter).

Diese Übungen helfen als Sofortmaßnahme gegen Nackenschmerzen. Aber für eine langfristige Lösung des Problems solltest du den ganzen Körper im Blick haben. Denn Spannungen und Schmerzen werden im Körper über Muskelketten aus anderen Regionen übertragen. Sie haben daher selten nur ihre Ursache dort, wo wir sie letzendlich zu spüren bekommen.


Hier empfiehlt sich ein kurzes, ausgleichndes Bewegungskonzept das du easy in deinen (Home-) Office Alltag integrieren kannst. Ohne Schwitzen und ohne Sportklamotten.


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